Antrag: Mehr soziale Gerechtigkeit durch langfristige Steuerpolitik (Resolution)

Veröffentlicht von Filippo Soro 20. September 2024

Resolution: Mehr soziale Gerechtigkeit durch langfristige Steuerpolitik
Antragsteller/in: Wolfgang Scholl, Darrell Kanngießer, Abteilung LüWaWi 12/06

Die SPD Abteilung LüWaWi 12/06 möge beschließen,
die Kreisdelegiertenversammlung Reinickendorf möge beschließen,
der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen,
der Bundesparteitag der SPD möge beschließen,

Um den Mitgliedern, den Mandatsträgern und allen interessierten Menschen eine Orientierung über die langfristige SPD-Politik zu geben, soll folgende Resolution beschlossen werden: „Die große und wieder gewachsene Ungleichheit in Deutschland verletzt das demokratische Versprechen der Chancengleichheit für alle und führt tendenziell zur Abkehr der Menschen von der Demokratie. Die SPD kämpfte von Beginn an für Freiheit, Gleichheit und Solidarität und wird sich daher verstärkt dem Kampf für mehr Gleichheit widmen, denn allein durch gute Sozialpolitik, für die die SPD auch einsteht, lässt sich die Ungleichheit nur teilweise abmildern. Mehr Gleichheit lässt sich nur durch eine progressivere Einkommenssteuer mit Entlastungen im unteren und mittleren Bereich, mit einer Vermögenssteuer, mit einer gerechteren Kapitalertragssteuer ohne Begrenzung auf 25% und mit einer höheren, sinnvoll ausgestalteten Erbschaftssteuer für große Vermögen erreichen. Mit dem so zusätzlich verfügbarem Geld kann dann zum einen mehr Chancengleichheit durch eine bessere Bildung für familiär Benachteiligte erreicht werden sowie das nötige Wissen für die Bewältigung des technologischen Wandels vermittelt werden. Zum anderen können damit die riesigen gesellschaftlichen Aufgaben für ein erträgliches Klima, für mehr Sicherheit durch Verteidigungsfähigkeit und für die weitere soziale Sicherung ohne extreme Verschuldung und ohne übermäßige Belastung zukünftiger Generationen finanziert werden. Eine flexiblere Schuldenbremse ist sinnvoll, reicht aber allein bei weitem nicht für die Finanzierung der gewachsenen Aufgaben.“

Begründung:

Die gewachsene Ungleichheit wird von den meisten Menschen als ungerecht empfunden, ist aber anscheinend schon fast selbstverständlich, sodass viele Menschen gar nicht mehr wissen, wie ungleich und ungerecht das ist und nur ein schales Gefühl und eine große Unzufriedenheit mit der Politik zurückbleibt. Die politische Diskussion hat sich an der Flexibilisierung der Schuldenbremse durch die Blockade der FDP aufgehängt, obwohl sie selbst von den Wirtschaftsweisen empfohlen wird. Insgesamt sollten Schulden aber auch nach Meinung der Wirtschaftsweisen nur als Kredite für gesellschaftliche Investitionen dienen, die später als höhere Einnahmen an den Staat zurückfließen. Die insgesamt zu finanzierenden Aufgaben sind aber viel größer und dauerhafter, sodass höhere staatliche Einnahmen zu ihrer Bewältigung nötig sind, ohne wachsende Schuldenberge oder massivem Sozialabbau zu produzieren. Durch eine gerechtere Besteuerung der größten Einkommen und Vermögen kann Deutschland sowohl seine Aufgaben besser bewältigen als auch mehr Chancengleichheit herstellen:
Die reichsten 10 % der deutschen Bevölkerung besitzen zwei Drittel des gesamten Vermögens. Und auch die regionale Ungleichheit ist sehr groß: Im Durchschnitt vererbte eine Erblasser:in aus Bayern 180.000 Euro, während eine Erblasser:in aus Sachsen-Anhalt nur knapp über 10.000 Euro weitergeben konnte. Diese Unterschiede sind nur zu einem kleineren Teil durch Unterschiede in der individuellen Leistung entstanden, obwohl die Verfechter:innen individueller Steuerbegrenzungen das immer wieder behaupten und Forderungen nach Steuererhöhungen als Neiddebatte verunglimpfen. Tatsächlich spielen aber der staatliche Rahmen (s. u.a. die weit zurückreichenden West-Ost-Unterschiede), familiäre Bedingungen (Bildung, Schichtzugehörigkeit, vorhandener Reichtum), genetisch bedingte Persönlichkeitsunterschiede, unmoralische und gesetzeswidrige Verhaltensweisen sowie Glück anstelle von Pech eine erhebliche Rolle. Die Reichsten haben ihren Reichtum nur zum geringeren Teil verdient, sie haben ihn aus vielerlei Gründen bekommen. Leider hat sich statt eines besseren Ausgleichs zwischen Reichen und Ärmeren sowie Westdeutschen und Ostdeutschen der effektive Steuersatz für Milliardär:innen in den vergangenen 30 Jahren halbiert. Bei der Besteuerung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass das reichste 1% in Deutschland mit seinem Konsum 18mal soviel CO² pro Kopf produziert als Personen aus der ärmeren Hälfte, die obersten 10% fast 6mal so viel wie die ärmere Hälfte . Auch für den Umbau zu mehr Klimaschutz wird viel Geld benötigt, gerade auch für die soziale Abfederung. Denn die Verteuerung durch den Umbau zu mehr Klimaschutz trifft die Ärmeren am härtesten, die am wenigsten das Klima belasten. Das darf nicht so bleiben! Es ist Aufgabe aller politisch bewussten Politiker:innen, ein gerechteres Steuersystem zu entwickeln.

Weltweit gilt: 17% der Klimabelastung werden von dem reichste 1% der Menschheit verursacht,
während die unteren 50% nur für 12% der Klimabelastung verantwortlich sind (Tagesspiegel 2.7.23., S. 155 28f).

Status des Antrags:
Beschlossen von der Abteilung
Vorlage zum Beschluss in der Kreisdelegiertenversammlung (09/2024)
Beschlossen (einstimmig) in der KDV (09/2024)
Vorlage zum Beschluss beim Landesparteitag